Monatelang hatten VW und der Betriebsrat um ein milliardenschweres Sparpaket gerungen – kurz vor Weihnachten einigten sich beide Seiten auf Eckpunkte. Das Ringen könnte sich in diesem Jahr fortsetzen.
Die IG Metall rechnet wegen des neuen Sparkurses bei VW mit einer schwierigen Tarifrunde.
VW will Milliarden einsparen
„Wir müssen uns auf eine harte Auseinandersetzung einstellen, die sich gewaschen hat“, sagte der Bezirksleiter für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Thorsten Gröger, der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die im zweiten Halbjahr anstehende Tarifrunde bei Europas größtem Autobauer. „Es ist ja nicht so, dass das bisher ein Selbstläufer war. Aber mit den jüngsten Verlautbarungen zum Performance-Programm wird es sich sicherlich noch einmal härter.“
VW hatte sich kurz vor Weihnachten nach monatelangem Ringen mit dem Betriebsrat auf Eckpunkte eines Effizienz-Programms für die gleichnamige Kernmarke geeinigt, das bis 2027 zehn Milliarden Euro an Ergebnis-Verbesserungen bringen soll. Auch beim Personal soll gespart werden, vor allem in der Verwaltung. Betriebsbedingte Kündigungen werden ausgeschlossen. Stattdessen setzt VW auf einen deutlichen Ausbau der Altersteilzeit.
VW: „Welt ist eine andere“
„Eigentlich müssten wir jetzt die Dankes-Schreiben des Vorstandes von Volkswagen kriegen, dass wir das Thema Altersteilzeit in der attraktiven Form, wie wir es jetzt haben, nach vorne fortgeschrieben haben“, sagte Gröger. Denn VW habe bei diesem Thema in der vorigen Tarifrunde 2022 „bis zum Schluss gemauert“, sagte der Gewerkschafter. „Noch vor einem Jahr hat man uns vorgerechnet, dass man dieses Instrument in dem Umfang nicht mehr braucht. Und innerhalb von zwölf Monaten ist die Welt eine andere.“
Die Tarifverhandlungen bei VW starten im zweiten Halbjahr parallel zu den Gesprächen für die gesamte Metall- und Elektroindustrie. Weil VW nach einem eigenen Haustarif zahlt, wird traditionell gesondert verhandelt. Die Friedenspflicht, in der nicht gestreikt werden darf, endet Ende November.
Inflation zehrt VW-Lohn-Plus auf
Auch beim Branchentarif erwartet Gröger schwierige Verhandlungen. „Das werden herausfordernde Tarifrunden, das ist schon absehbar.“ Das Thema Geld werde dabei eine zentrale Rolle spielen. „Die Inflation der letzten anderthalb Jahre hat die guten Lohn-Abschlüsse der vergangenen Jahre vielfach aufgezehrt. Das hat deutliche Löcher in die Geldbeutel gerissen.“ Daran ändere auch die inzwischen zurückgegangene Inflationsrate nichts. „Die Preise sinken dadurch ja nicht.“ Es sei daher klar, dass das Auseinandersetzungspotenzial eher größer als kleiner werde.
Als größte Herausforderung sieht Gröger jedoch die Transformation der gesamten Wirtschaft Richtung Klimaneutralität. „Die Kraft-Anstrengung, die jetzt notwendig ist, um die Industriegesellschaft klimaneutral umzubauen und die Wirtschaft nicht abzuwürgen, die ist gigantisch“, sagte der Gewerkschafter. „Da müssen Milliarden bewegt werden.“ Zugleich müsse es eine Perspektive für die Beschäftigung und die Standorte geben. „Um die Menschen für diese Veränderungs-Prozesse zu gewinnen, darf nicht das Gefühl entstehen, dass alles auf ihrem Rücken geschieht.“
Sorgen wegen Ampel-Krise
Mit Sorge blicke er auf die Haushaltskrise in Berlin. „Es kann nicht sein, dass eine Sparpolitik jetzt dazu führt, dass die notwendigen Zukunfts-Investitionen nicht getätigt werden können“, warnte Gröger. „Wir müssen schon aufpassen, dass nicht bestimmte Bereiche, die wir für die Zukunft brauchen, hier verschwinden. Und dass das, was neu entsteht, nicht am Ende alles an uns vorbeigeht.“
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Um die Investitionen stemmen zu können, müsse auch über eine Reform der Schuldenbremse im Grundgesetz nachgedacht werden, fordert der Gewerkschafter. „Sonst lassen sich die gigantischen Zukunfts-Investitionen, die notwendig sind, nicht stemmen.“ (dpa)