Der Streit um die Betriebsratsgehälter bei VW erreicht neue Dimensionen. Im Fokus: Personalvorstand Gunnar Kilian. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig erhebt schwere Vorwürfe gegen den VW-Boss – dabei wähnte sich dieser auf der sicheren Seite.
Was hat es damit auf sich, dass ein führendes Mitglied eines der größten Automobilunternehmen der Welt plötzlich im Fokus der Justiz steht?
VW: Razzia wegen Betriebsratsgehältern
Für Gunnar Kilian war es immer eine steile Karriere bei VW. Über ein Jahrzehnt im Betriebsrat, dann der Wechsel in den Vorstand. Kilian, einst Mittler in wichtigen Auseinandersetzungen des Konzerns, stand Anfang 2019 vor der Aufgabe, die Gehälter von Betriebsräten zu erhöhen. Aber warum schlug diese Entscheidung so hohe Wellen?
Die Entscheidung, die Betriebsratsgehälter wieder zu erhöhen, war nicht unüberlegt. VW zog führende Juristen hinzu, darunter zwei ehemalige Vorsitzende Richter am Bundesarbeitsgericht, um sich juristisch abzusichern. Man war sich sicher, alles richtig gemacht zu haben.
Doch dann das: Ermittler der Staatsanwaltschaft Braunschweig rückten am 26. September in Wolfsburg an und durchsuchten die Büros von Rechtsvorstand Manfred Döss, Finanzvorstand Arno Antlitz – und eben Kilian. Der Vorwurf? Untreue. VW-Chef Gunnar Kilian ist dabei laut „Manager Magazin“ qua Amt der einzig namentlich Beschuldigte.
Der Konflikt hinter den Kulissen
Zentrales Thema des Konflikts ist, wie Betriebsräte vergütet werden sollen. Der Grundsatz: Wer in den Betriebsrat gewählt wird, sollte finanziell weder Vor- noch Nachteile haben. Denn rechtlich gesehen, führen Mitglieder des Betriebsrats ein Ehrenamt aus. Daher bekommen sie weiterhin ein entsprechendes Gehalt, äquivalent zu ihrem Verdienst zuvor.
Doch was, wenn ein Betriebsrat sich weiterbildet oder im Unternehmen aufsteigt? Wer sich im Betriebsrat engagiert, kann im Konzern keine klassische Karriere mehr machen können. Deshalb wendet VW Modelle an, bei denen man das Gehalt anhand von Vergleichsgruppen oder einer „hypothetischen Karriere“ berechnet. Doch das sorgte für Kontroversen.
Schon 2017 war VW wegen Untreue-Vorwürfen ins Visier der Ermittler geraten. Der Autobauer reagierte mit einer Gehaltsabsenkung der Betriebsräte, hob sie jedoch später wieder an. Dann der Paukenschlag: Der Bundesgerichtshof entschied 2023, dass die hypothetische Gehaltsentwicklung nicht als Begründung für eine Gehaltserhöhung ausreicht.
VW laufen die Betriebsräte weg
18 Arbeitsgericht-Verfahren habe es laut „Manager Magazin“ seither gegeben. 17 davon haben die VW-Beschäftigten gewonnen, die ihre alten, höheren Gehälter eingefordert hatten. Doch aktuell scheinen viele wieder in ihre alten Jobs zurückzuwollen – Betriebsratschefin Daniela Cavallo laufen offenbar gute Kräfte weg.
Sie wird übrigens nach einem anderen Modell vergütet: Mit 100.000 Euro im Jahr verdient sie deutlich weniger als ihr Vorgänger Osterloh. Audi-Betriebsratschef Peter Mosch hingegen, forderte das Unternehmen auf, ihm doch eine andere Stelle zu geben.
Mehr News:
Volkswagen hat angekündigt, vollumfänglich mit den Ermittlungsbehörden zu kooperieren. Ansonsten herrscht beim Konzern Ratlosigkeit. Die Durchsuchungen überraschten VW scheinbar, im Umfeld war von „Befremden“ über die Aktion die Rede. Arbeitsminister Hubertus Heil soll bereits alarmiert worden sein. Er will so bald wie möglich eine Gesetzes-Novelle vorlegen, die für juristische Sicherheit sorgt.