Ex-VW-Boss Herbert Diess allein auf weiter Flur – zumindest seine Meinung zur Türkei und der dortigen Erdogan-Wahl hatte der 64-Jährige bei Markus Lanz im ZDF exklusiv für sich.
Während die anderen Gäste im ZDF-Talk bei Markus Lanz am Dienstagabend (30. Mai) extrem kritisch und teils hart mit der Türkei ins Gericht gingen, offenbarte der Ex-VW-Boss durchaus große Sympathien für die Türkei.
Ex-VW-Chef verteidigt Türkei
Mit Blick auf die Türkei-Wahl sagt Diess, „dass es nicht die Wahl der Europäer ist oder auch nicht unsere Perspektive, das müssen wir akzeptieren.“ Er schließt einen EU-Beitritt deshalb nicht aus und sagt: „Die Türkei gehört für mich zu Europa. Das ist einfach Europa. Und dem sollten wir uns öffnen.“ Istanbul zum Beispiel sei eine europäische Metropole.
Und immer wieder einen EU-Beitritt der Türkei auszuschließen, trage nur dazu bei, dass sich die Türkei dem Westen eben nicht zuwende. „Man darf die Türkei nicht einfach da lassen, wo sie jetzt ist und dem Orient übergeben.“ Es gehe dabei auch nicht um den umstrittenen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, sondern ums türkische Volk. „Politiker kommen und gehen“, sagt Diess.
Die Türkei-Wahl selbst sei demokratisch gewesen. „Erdogan hat offensichtlich überzeugt mit seinen Qualitäten. Er ist sehr führungsstark und hat das Land nach außen hin auch sehr kraftvoll und eigenständig auftreten lassen – und hat in der Türkei auch einiges geschaffen“, so die Meinung des Ex-VW-Chefs. Er selbst glaube außerdem, dass Europa die Türkei ernster nehmen müssten: „Wir müssen sie ein bisschen umarmen.“
Dabei sei er doch selbst von der Türkei-Problematik betroffen gewesen, sagt Moderator Markus Lanz zu Diess – mit Blick auf die geplatzten Türkei-Werk-Pläne des ehemaligen VW-Chefs. Volkswagen hatte geplant, in einem neu hochgezogenen Werk überwiegend Autos für die Türkei selbst zu bauen. „Die Türkei bietet sich schon an und hat sich auch qualifiziert als Automobil-Standort. Sie ist ein guter Produktions-Standort mit Wettbewerbern“, sagt Diess.
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Dann aber habe sich die Türkei am Syrien-Krieg beteiligt und es habe politische Interventionen gegeben, so Diess. Daraufhin habe man bei VW im Gremium beschlossen, das Projekt abzubrechen. Ob er persönlich die Türkei-Pläne dennoch gern weiterverfolgt hätte, will Lanz aus Diess rauskitzeln. „Ich fand’s schade. In der damaligen Situation war es aber wahrscheinlich der falsche Zeitpunkt. Aber grundsätzlich würde ich immer wieder sagen, dass sich Investitionen in die Türkei lohnen.“
VW & Co. auch politisch
Für einen Fehler halte er den Stopp der Pläne aber auch nicht, so Diess. Autobauer wie VW seien auch immer wieder politische Unternehmen. „Und wenn die politischen Rahmenbedingungen nicht passen, dann kann man es nicht machen.“
Die ganze Folge gibt’s zum Nachschauen in der ZDF-Mediathek.