Wolfsburg.
Plötzlich saß er da. Gut zwei Jahre hatte der frühere VW-Konzernlenker Ferdinand Piëch die Öffentlichkeit gemieden – seit er im Frühjahr 2015 die Brocken hingeworfen hatte als Volkswagen-Aufsichtsratschef. Am Dienstag, 30. Mai, stellte sich der 80-Jährige erstmals wieder einem großen Publikum.
In seiner Funktion als Aufsichtsrat der VW-Dachgesellschaft Porsche SE nahm er in zweiter Reihe des Podiums in der Porsche-Arena Platz. Vor Beginn der Reden sprach er mit seinen Sitznachbarn, lächelte sogar mal kurz, doch zumeist war seine Miene starr. Er wirkte müde und gealtert. Schweigend hörte er später den Rednern zu.
Familie muss interne Gräben überwinden
Es dürfte Piëchs letzter Auftritt in offizieller Funktion auf der Autobühne gewesen sein. Zwar stand seine Wiederwahl als Aufsichtsrat auf dem Programm, die in dem Familienunternehmen eine Formsache ist. Doch das Ende ist absehbar. Denn der frühere Autopatriarch hat kürzlich fast seinen kompletten Anteil von 14,7 Prozent der Stammaktien der Porsche SE an seine Verwandtschaft verkauft – und damit auch seinen Einfluss auf Volkswagen aufgegeben. Die Finanzholding hält 52,2 Prozent der Stimmrechte beim Autobauer.
Damit der Aktiendeal gültig wird, müssen noch Finanzbehörden mehrerer Staaten zustimmen – das könnte bis Anfang 2018 dauern. Wenn die Behörden grünes Licht geben, soll Piëch sein Mandat niederlegen. Das Mandat als Porsche-Kontrolleur hat er seit 1981.
Der Branchenexperte Stefan Bratzel sieht den absehbaren Abgang von Piëch auch als Chance für die Großfamilie, interne Gräben zu überwinden. „Die Zeit ist vorbei, dass die Welt in Porsches und Piëchs aufgeteilt wird“, sagt der Professor aus Bergisch Gladbach.
Platz für jüngere Verwandten
Spätestens 2018 macht Ferdinand Piëch also seinen Aufsichtsratsplatz frei für einen jüngeren Verwandten – damit gewinnt die 4. Generation in dem Autoclan an Bedeutung, also der Urenkel des Firmengründers.
Der 3. Generation bei den Porsche/Piëchs – also den Gründer-Enkeln – gehören sechs Familienmitglieder an, darunter Ferdinand Piëch, sein Bruder Hans Michel sowie deren Cousin Wolfgang Porsche. Zur 4. Generation wiederum zählen 34 Verwandte. Hier ist noch nicht absehbar, wer künftig stärker in den Fokus rückt. Es ist aber naheliegend, dass es Nachfahren sein werden, die ohnehin schon in der Pflicht stehen und schon jetzt Aufsichtsratsposten im VW-Reich haben.