Salzgitter.
Diese Nachricht hat Salzgitter schockiert: Ein beliebter Hausarzt war an Corona erkrankt. Wenig später starb er.
Jetzt erzählt die Ehefrau von Wolfgang Klomp seine Geschichte – auch, um dem Appell Nachdruck zu verleihen, dass vor allem Menschen in Gesundheitsberufen „sofort geimpft werden“ sollen.
Salzgitter: Arzt will anderen helfen – und stirbt an Corona
Schutzausrüstung, Spuckwände, Einzeltermine und ein eigener Raum, wo Abstriche für Corona-Tests genommen wurden: Die Hygieneregeln in der Praxis des Allgemeinmediziners Wolfgang Klomp in Salzgitter waren acht Monate nach Beginn der Pandemie eingespielt, dennoch infizierten sich Ende Oktober der Hausarzt aus Salzgitter und mehrere Mitarbeiter mit dem Coronavirus.
Am 29. Oktober legte sich der 65-Jährige abends mit Grippesymptomen ins Bett, vier Tage später musste er wegen Luftnot ins Krankenhaus, ab dem 11. November wurde er beatmet. Eine Woche später brachte ihn ein Intensiv-Krankenwagen von Salzgitter in die Medizinische Hochschule Hannover (MHH), wo er am 4. Dezember starb.
„Mein Mann war vorher topfit“, sagt Angelika Klomp. Die Witwe ist bereit, ihre Geschichte zu erzählen, um zu zeigen, dass Covid-19 nicht nur für sehr alte Menschen gefährlich ist. Sie geht davon aus, dass der Ausbruch in der Praxis mit einem infizierten Patienten zusammenhing – im privaten Umfeld seien keine Corona-Fälle bekannt geworden.
Angelika Klomp möchte auch auf die Verdienste der Ärzte und Pfleger auf den Covid-Stationen hinweisen. „Was sie alle unter den Pandemie-Bedingungen leisten, ist enorm.“ Die 68-Jährige ist selbst gelernte Krankenschwester und arbeitete lange in der Praxis ihres Mannes mit.
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„Mein Mann liebte seinen Beruf“
Pflegekräfte, Ärzte oder Rettungssanitäter haben ein erhöhtes Risiko, sich mit dem Coronavirus anzustecken. Die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtete bereits im September, dass 14 Prozent aller weltweit gemeldeten Corona-Infektionen auf Menschen in Gesundheitsberufen entfielen. Allein in Deutschland starben bis zum 1. Februar 193 Frauen und Männer in diesen Berufen, schreibt das „Deutsche Ärzteblatt“ mit Bezug auf die Lageberichte des Robert Koch-Instituts.
„Mein Mann liebte seinen Beruf, er war ruhig, überlegt und unglaublich beliebt“, erzählt die Witwe. Die Praxis habe gebrummt, rund 1.500 Patienten seien pro Quartal gekommen. „Er wollte zwar ein bisschen kürzer treten, um mehr Zeit fürs Motorradfahren und Reisen zu haben, aber noch bis 70 weitermachen.“
„Das Schlimmste ist, dass ich mich gar nicht wirklich von meinem Mann verabschieden konnte“
Jetzt löst Angelika Klomp die Praxis auf – ein Nachfolger ist nicht zu finden. Die Angestellten hätten bis auf eine glücklicherweise alle eine neue Stelle gefunden. Die vielen Kondolenzbriefe von Patienten hat sie in einem großen Korb gesammelt. Sie muss jetzt ihr Leben neu sortieren.
Die Mutter eines erwachsenen Sohns denkt manchmal zurück, wie ihr Mann und sie bei schönem Wetter Ende Oktober in Quarantäne auf der Terrasse saßen und er überlegte, wann er die vom Gesundheitsamt geschlossene Praxis wieder öffnen könne. Sie war zunächst negativ, dann positiv getestet worden, hatte aber nie Symptome. Bei ihm kamen die Symptome schlagartig drei Tage nach dem Test. „Das Schlimmste ist, dass ich mich gar nicht wirklich von meinem Mann verabschieden konnte“, sagt Angelika Klomp. „Ich vermisse ihn sehr.“
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Vize-Präsidentin: „Wollen nicht Multispreader werden“
Der Vize-Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, Marion Renneberg, geht der Tod von gleich zwei an Covid-19 erkrankten Kollegen im Großraum Braunschweig nahe. Weitere Kollegen hätten sich „maximal geschützt“ und dennoch angesteckt. „Allen mit Patientenkontakt sollte so schnell wie möglich ein Impfangebot gemacht werden“, fordert die Allgemeinmedizinerin aus Ilsede im Landkreis Peine. „Wir wollen unsere Patienten nicht anstecken oder gar Multispreader werden.“
Erst nach massiven Protesten aus der Ärzteschaft lenkte das Land Niedersachsen vor zehn Tagen ein: Niedergelassene Ärzte und ihre Angestellten können sich jetzt doch sofort impfen lassen, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. In die erste Impfgruppe fallen Mediziner, die Patienten in Pflegeheimen versorgen oder Abstriche für Corona-Tests nehmen. Der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) geht das nicht weit genug. Alle Mediziner mit Patientenkontakt sollten vorrangig geimpft werden, fordert KVN-Sprecher Detlef Haffke. „Vorausgesetzt, es ist genügend Impfstoff vorhanden.“
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Forderung: „Helfen muss sicher sein“
Thomas Buck, Kinderarzt aus Hannover, steckte sich nach eigenen Angaben in diesem Jahr bei einem kleinen Patienten mit der britischen Virusvariante an, obwohl er in der Praxis stets eine FFP2-Maske getragen habe. „Alle Arztteams – egal ob Augen-, Zahn- oder Kinderarzt – müssen geimpft werden“, fordert er. „Andere Länder haben es vorgemacht: Helfen muss sicher sein!“ (dpa)