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Gifhorn: Insider berichtet nach Nazi-Eklat von angeblichen Abgründen – „Spitze des Eisbergs“

Bei einem Gifhorner Schützenfest soll es rassistische Gesänge gegeben haben. Ein Ex-Mitglied behauptet jetzt: Das sei noch nicht alles gewesen.

Gifhorn
u00a9 IMAGO/Fotostand

BKA: Internet beschleunigt Radikalisierungsprozesse

Das Internet und soziale Medien verstärken und beschleunigen aus Sicht des Bundeskriminalamts (BKA) Radikalisierungsprozesse im Bereich der politisch motivierten Kriminalität. Das gelte insbesondere für die rechte Szene, sagte BKA-Präsident Holger Münch in Berlin.

Ein Schützenfest im Kreis Gifhorn machte zuletzt mit Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Nach dem Fest gab es eine Anzeige gegen mehrere Vereinsmitglieder. Es soll rassistische Gesänge gegeben haben.

Der Vorstand zeigt sich angesichts der Vorfälle bestürzt. Ein ehemaliges Mitglied erhebt jetzt aber weitere, schwere Vorwürfe gegen den Gifhorner Verein. Schon lange vor den Vorfällen auf dem Schützenfest soll es dort immer wieder rassistische Vorfälle gegeben haben.

Gifhorn: Ex-Mitglied stellt weitere Behauptungen auf

In der Nacht zum Sonntag (26. Mai) sollen mehrere Personen auf dem Schützenfest in Altendorf (Brome) „Ausländer raus“ gegrölt haben. Nachdem zuletzt ein Video von der Insel Sylt für Aufsehen gesorgt hat, hat es bereits andere Fälle in Niedersachsen wie im Kreis Cloppenburg gegeben. Zu dem Fall in Altendorf ermittelt nun die Polizei Gifhorn. Auf den Seiten des Altendorfer Schützenvereins schreibt der Vorstand, man „distanziert sich von jeglichem rechten und ausländerfeindlichen Gedankengut“. Von einem ehemaligen Mitglied werden jetzt allerdings schwere Vorwürfe gegen Verein und Vorstand erhoben.

Er berichtet davon, seit seiner Kindheit Mitglied im Schützenverein Altendorf gewesen zu sein. Vor wenigen Jahren sei er dann aber ausgetreten. Ein Grund dafür waren rassistische Vorfälle, die es schon lange vor dem Schützenfest gegeben haben soll. Die Parolen auf der Feier am Samstag (25. Mai) entsetzen ihn. „Aber überrascht war ich keineswegs“, schreibt er News38. Beim letzten Schützenfest sollen Anstecker verteilt worden sein, die auch in der rechten Szene häufig genutzt werden.

Vorwürfe gegen Altendorfer Schützenverein

Der damalige Schützenkönig verteilte „vor dem letzten Schützenfest traditionellerweise im Verein Anstecker, um an sein Königsjahr zu erinnern.“ Und die hätten wie die schwarz-weiß-rote Fahne aus dem Kaiserreich ausgesehen. Nach rechtsextremistischen Demonstrationen zu Corona-Zeiten wurde die Flagge häufig anstelle der verbotenen Hakenkreuzfahne genutzt.

Bund und Länder beschlossen daraufhin, auch Reichskriegsflaggen auf Versammlungen zu verbieten. Der Vorfall der schwarz-weiß-roten Anstecker war auch dem Vorstand in Altendorf bekannt. Auf Nachfrage von News38 bestätigt er, es wurde ein Trage-Verbot der Anstecker ausgesprochen. Das ehemalige Mitglied allerdings schildert, es hätten auch danach noch mehrere Mitglieder die Anstecker getragen. Einzige Konsequenz war eine Abmahnung des damaligen Schützenkönigs, so der Vorstand zu den Vorfällen.

Auch bei der Aufarbeitung dieser Fälle sieht das ehemalige Mitglied ein großes Problem. „Im damaligen Vorstand wurde das Thema zwar diskutiert, eine offizielle Reaktion des Vorstandes gab es aber letztlich nicht“, schreibt er. Dazu sollen schon vor dem diesjährigen Schützenfest auf offiziellen Veranstaltungen des Vereins rechte Parolen gerufen worden sein. „Schwarz-weiß-rot bis in den Tod!“ und „Lieber tot als rot!“, seien laut dem ehemaligem Mitglied einige von ihnen. Der Vorstand hält dagegen, sagt, es habe diese Aussagen nie gegeben.

Hitler-Portrait auf Mitgliederversammlung?

Das ehemalige Mitglied behauptet außerdem, dass es in der Garage eines Mitglieds ein Adolf Hitler-Portrait gegeben habe. „Adolf Hitler hing an der Wand, als wäre es ein Portrait der Großeltern“, schreibt der Mann. Darunter sollen dann auch interne Mitgliederversammlungen abgehalten worden sein. Laut Vorstand habe es ein solches Bild allerdings nie gegeben. Zudem würden sich Mitglieder nicht in privaten Räumen nicht versammeln.


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Der Vorstand will nach den Vorfällen auf dem letzten Schützenfest Konsequenzen ziehen. Es soll eine Überarbeitung der Satzung geben und auch der Ablauf des Schützenfestes soll in Zukunft verändert werden. Wie genau das aussehen soll, schreibt der Vorstand nicht. Für das ehemalige Mitglied ist das schon längst überfällig. „Wer meint, die Ereignisse vom letzten Samstag seien ein alleinstehendes Ereignis, der ignoriert vieles, was zuvor geschehen ist. Die fremdenfeindlichen Gesänge waren die Spitze des Eisberges und alles andere als ein Einzelfall“, schreibt er.