In Braunschweig muss sich Christian B. wegen Vergewaltigung und Kindes-Missbrauch vor dem Landgericht verantworten. Dabei geht es allerdings nicht um den Fall Maddie McCann, der weltweit interessiert.
Doch wieso spielt das Thema seit Freitag (16. Februar) vor dem Braunschweiger Landgericht keine Rolle? Wir erklären dir die Einzelheiten.
Braunschweig: „Kein hinreichender Tatverdacht“
Seit mehreren Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Christian B. – für sie steht fest, dass er die kleine Madeleine McCann 2007 in Praia de Luz in Portugal umgebracht hat. Jetzt ist der 47-Jährige tatsächlich angeklagt. Allerdings geht es dabei um ganz andere Vorwürfe. Drei schwere Vergewaltigungen stehen dabei im Raum. Außerdem soll Christian B. zwei Kinder sexuell missbraucht haben.
Doch wieso spielt Maddie in dem Prozess überhaupt keine Rolle? Friedrich Fülscher ist Christian B.s Verteidiger – und er macht es ganz deutlich: „Es besteht kein hinreichender Tatverdacht“, wie er in dem neuen Podcast „Staranwälte und ihre größten Fälle“ dem Host Alexander Stevens erklärt.
„Mehr als ein schwaches Indiz wäre das nicht“
Die Staatsanwaltschaft ist sich zwar sicher, dass Christian B. Maddie umgebracht hat. Dafür gibt es aber bislang keine Beweise. Es gibt keine Leiche. Keine Kamera-Aufzeichnungen. Christian B. schweigt bis heute. Er hat noch nie ausgesagt – auch nicht zu Maddie McCann. Ein Indiz gab es aber, was den ganzen Stein ins Rollen brachte: Eine Handynummer, die das Bundeskriminalamt (BKA) Christian B. zuordnete, war in derselben Funkzelle in Praia de Luz eingeloggt, in der auch das Ressort lag, in dem Maddie mit ihren Eltern Urlaub machte.
„Mehr als ein schwaches Indiz wäre das nicht“, so Fülscher. Außerdem hätten Reporter einer englischen TV-Doku zu dem Vorwurf recherchiert und herausbekommen, dass sich Christian B. zum Tatzeitpunkt etwa 30 Kilometer entfernt aufgehalten haben soll. Das Handy sei von einer nahestehenden Person von Christian B. genutzt worden. In die Ermittlungs-Akten habe er noch nie schauen können, sagt der Anwalt. Die Staatsanwaltschaft habe ihm keine Einsicht gewährt.
„Ja, sie hat nicht geschrien“
Was es aber gibt, ist die Zeugen-Aussage von Helge B.. Er hatte Christian B. während eines Drachenfestes in Spanien kennen gelernt, wie der „Spiegel“ berichtet. Dort sollen sich die beiden Männer wenige Wochen nach dem Verschwinden von Maddie darüber unterhalten haben, ob sie zurück nach Portugal gehen wollen. Helge B. habe daraufhin erwidert, dass ihm dort wegen des vermissten Mädchens zu viel Polizei sei. Für ihn sei es merkwürdig gewesen, dass es so spurlos verschwunden sei. Christian B. habe daraufhin erwidert: „Ja, sie hat nicht geschrien.“ Für Helge B. stand damit fest: Christian B. hat das Mädchen entführt.
Doch mehr als das gibt es bislang nicht in dem Fall. Stichhaltige Beweise, dass Christian B. tatsächlich etwas mit dem Verschwinden von Maddie McCann zu tun hat, fehlen. Doch wie kommt die Staatsanwaltschaft Braunschweig dann zu der Überzeugung, dass es Christian B. war? „Ich denke, dass sie sich etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt haben“, vermutet Fülscher. Das Vorgehen findet er merkwürdig.
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Um den Fall aufzuklären, war Fülscher letztens in Praia de Luz. Dort hat er versucht für Licht ins Dunkel zu bringen. Gemeinsam mit Alexander Stevens erklärt der Strafverteidiger auch noch, was ihm die Reise gebracht hat – und er offenbart weitere Details in dem Fall, der die Welt bewegt. Dabei ist auch Thema, was Fülscher über die Medien-Präsenz der Eltern denkt (hier geht’s zur ersten Folge).
Wie sich der Fall letztendlich entwickelt, bleibt abzuwarten. Wird Christian B. wegen des Mordes an Maddie McCann tatsächlich jemals angeklagt – und klärt sich jemals, was mit der damals Dreijährigen passiert ist?