Bei Eltern in Niedersachsen geht die Angst um.
Denn wie so oft im November geht auch in diesem Jahr ein nicht ganz ungefährliches Virus in Niedersachsen rum, das vor allem Kleinkinder ziemlich ausknocken kann. Schlimmstenfalls müssen die Kleinen sogar beatmet werden, damit sie nicht sterben.
Die Lage in den Kliniken in Niedersachsen spitzt sich offenbar zu, ein Notfallmediziner spricht sogar von „Katastrophenzuständen“.
Niedersachsens Kliniken laufen voll
Die Rede ist vom RS-Virus. RSV-Erkrankungen verlaufen meist harmlos, gerade bei Säuglingen und Kleinkindern kann das Virus aber für lebensbedrohliche Zustände sorgen. Derzeit baut sich eine Welle auf. Nicht nur, aber auch in Niedersachsen scheint die Lage teils dramatisch.
RSV-Infektionen mit dem führen laut dem Robert Koch-Institut (RKI) vor allem bei Kleinkindern vermehrt zu Erkrankungen und Krankenhaus-Einweisungen. In den kommenden Wochen sei mit weiter steigenden Zahlen zu rechnen, hieß es am Donnerstagabend im RKI-Wochenbericht. Der Kinder-Intensiv- und Notfallmediziner Florian Hoffmann sagte der Deutschen Presse-Agentur zur Entwicklung bei Kleinkindern: „Es ist keine Kurve mehr, sondern die Werte gehen senkrecht nach oben.“
Ihm zufolge gibt es unter anderem in Niedersachsen kaum ein freies Kinderbett in Kliniken mehr. Ein großes Problem sei der akute Personalmangel, so dass nicht alle vorhandenen Betten auch betrieben werden könnten. Hoffmann sprach von „Katastrophenzuständen“ – Familien mit kranken Kindern müssten teils in der Notaufnahme auf einer Pritsche schlafen. Das sei für Deutschland ein Armutszeugnis.
Niedersachsen: Kinder werden beatmet
Viele betroffene Kinder seien schwer krank und müssten beatmet werden. Schon im Spätsommer 2021 hatte es eine unüblich hohe RSV-Welle gegeben – die Lage aktuell sei aber noch schlimmer, sagte Hoffmann. Nicht nur in Deutschland, generell auf der Nordhalbkugel gebe es ein „dramatisches epidemisches Geschehen“. Betroffen seien viele Kinder von ein oder zwei Jahren, die – auch angesichts der Corona-Pandemie und der dagegen getroffenen Maßnahmen – bisher keinerlei Kontakt zum RSV hatten, so der Münchner Mediziner.
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Zur Situation in der Kinderintensivmedizin will die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) kommende Woche neue Zahlen vorstellen – und damit einhergehende Forderungen und Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Versorgung schwerstkranker Kinder. „Wir werden diesen Winter nicht mehr alle versorgen können. Die Kollegen landauf landab wissen nicht wohin mit unseren kleinen Patienten“, sagte Hoffmann. „Wir müssten nun eigentlich Notfall-Mechanismen aktivieren, zum Beispiel Pflegepersonal aus der Erwachsenenmedizin hinzuziehen.“
An RSV kann man in jedem Alter erkranken, aber vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern ist der Erreger teils tückisch. Es kann sich um eine einfache Atemwegs-Infektion handeln, aber auch schwere Verläufe sind möglich – bis hin zum Tod. Zu Risiko-Patienten zählt das RKI zum Beispiel Frühgeborene und Kinder mit Lungen-Vorerkrankungen, aber auch generell Menschen mit Immun-Schwäche oder unterdrücktem Immun-System.
Niedersachsen: Fast alle Kinder infizieren sich
Beim RKI heißt es unter Berufung auf Schätzungen, dass RSV-Erkrankungen weltweit mit einer Inzidenz von 48,5 Fällen und 5,6 schweren Fällen pro 1.000 Kinder im ersten Lebensjahr vorkommen. Innerhalb des ersten Lebensjahres hätten normalerweise 50 bis 70 Prozent und bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen waren viele solche Infektionen allerdings zeitweise ausgeblieben. (ck mit dpa)